Freitag, 6. September 2024

Irrtümer leben oft lang

 Ein Eisenbahnzug fährt durch den Bahnhof.  Gemäß Einsteins spezieller Relativitätstheorie geht aus Sicht des Bahnhofs eine Uhr im Zug langsamer als die Bahnhofsuhr. Dagegen geht aus Sicht der Eisenbahn die Bahnhofsuhr langsamer als die Uhr im Zug. Es lassen sich beliebig ähnliche Beispiele denken. Zwei Flugzeuge begegnen sich. Aus Sicht eines jeden Flugzeugs geht die Uhr im jeweils anderen Flugzeug langsamer als die eigene Uhr. Nach der Theorie ist dies kein Scheineffekt, sondern ein realer Zeitunterschied. 

Der französische Physiker Paul Langevin (1872 - 1946) stellte im Jahr 1911 dazu fest: "Es ist logisch und tatsächlich ausgeschlossen, dass von zwei Uhren jede gegenüber der anderen nachgeht." Warum führte diese einfache Widerlegung der Relativitätstheorie nicht dazu, dass die Theorie im Papierkorb landete? Warum versucht man seit 1911,   sich mit unterschiedlichen Gedankenkonstruktionen über die einfache Wahrheit hinweg zu täuschen,  die Langevin ausgesprochen hat?

Der junge Professor Langevin war ein Verfechter der Relativitätstheorie. Sein Lehrer Henri Poicaré (1854 -1912) erhob den Anspruch, wesentliche Teile der Theorie bereits vor Einstein veröffentlicht zu haben. 1908 trug Poincaré bei einer Gastvorlesung in Göttingen die Relativitätstheorie vor, ohne den Namen Einstein auch nur einmal zu erwähnen. *)

Jedenfalls hatte Langevin kein Interesse daran, die Relativitätstheorie zu widerlegen. Statt dessen hoffte man, irgendwann eine Auflösung für den Widerspruch in der Theorie zu finden. Deshalb erfand man den Begriff "Uhrenparadoxon" und schmückte es zum Zwillingsparadoxon aus. Das Paradoxon und mit ihm die Relativitätstheorie lebt bis heute, weil es niemand versteht. Das Paradoxon verleiht der Theorie etwas Rätselhaftes, das die Menschen fasziniert.


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*) nach Walter Theimer, Die Relativitätstheorie - Lehre, Wirkung, Kritik, Graz 2005  

Mittwoch, 3. Juli 2024

Inhaltsverzeichnis des Blogs "Zeit und Relativität"

Sapere aude - habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! (Immanuel Kant, 1784)

Raum und Zeit sind keine physikalischen Dinge, sie sind auch keine Eigenschaften der materiellen Welt. Sie sind angeborene Werkzeuge des Verstandes, mit denen wir uns in der Welt orientieren.  


2011:
24. Februar    1911-2011 Hundert Jahre Zwillingsparadoxon
8. Juni            Etwas Erkenntnistheorie ist hilfreich
23. Juli           Die Relativität der Zeit- und Raumrelationen
28. Juli           Die Einstein-Lichtuhr
8. August        Die relative Zeit - ein absoluter Irrtum

2012
7. Februar       Das PKL wird fallen
13. Febr.        Relativitätsprinzip und Prinzip der konstanten Lichtgeschwindigkeit
17. Febr.        Relativistische Zeitdilatation widerlegt?
20./27. Juni    Die Lichtgeschwindigkeit in der SRT
2. Dez.            Zum Michelson-Morley-Experiment

2013
26. Juli           Zeitphilosophie und Physik
31. Juli           Zur Relativität von Bewegung
25. August     Lichtgeschwindigkeit und Zeitdilatation

2014
9. Februar         Das Phantom c

2015
27. Febr.        Die Beweiskraft von Experimenten ist relativ
30. Mai          Gleichzeitigkeit
27. August     Einstein hat falsch gerechnet
2. September  Zur Mathematik der speziellen Relativität

2016
7. Februar       Nicht die Zeit ist relativ, sondern die Zeitmessung
16. Februar     "Die Sensation aus dem Weltall"
2. Mai             Die spezielle Relativität ist am Ende
26. Juli           Wo der (mathematische) Hund begraben liegt
27. Juli           Einstein beschreibt nur einen Scheineffekt - und noch dazu unvollständig

2017
19. April        Beobachter oder Koordinatensysteme?
4. Mai            Schein und Wirklichkeit
18. Mai          Philosophische Argumente gegen die relative Zeit
18. Mai          Gleichzeitigkeit

2018
21. Februar    Relativität - Wissenschaft oder Weltanschauung von gestern?
19.Oktober    Relativitätstheorie und Weltanschauung

2019
1. Mai           Kurze Theorie des Raumes
10. August    Die Antwort auf Einstein

2020
7.November  Antwort auf einige Leserkommentare

2021
12.Januar      Die großen Rätsel der Physik
2.Februar      Denksport versus relative Zeit
11. Juli          Ein Paradigmenwechsel ist notwendig

2022
28.Juli           Leserbrief
24.Oktober   Kant versus Einstein
28.Oktober   Kant versus Einstein #2
4.Dezember  Mathematik versus Einstein
11.Dezember Physik versus Einstein

2023
4.Februar       Was ist, wenn die Uhren auf dem Mond tatsächlich langsamer gehen?

2024
14.Mai           Der Subjektivismus in der Physik

 

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Dieser Blog ist nicht gewerblich. Er dient der Wissenschaft im Sinne des Wortes von
Karl Popper: "Wissenschaft besteht darin, Irrtümer loszuwerden".

Meine Zeittheorie finden Sie unter http://www.zeitrelationen.blogspot.com/ (Was ist Zeit?)

Die umfassende Dokumentation der wissenschaftlichen Kritik der Relativitätstheorie seit 1908 bis zur Gegenwart (Projekt G.O.M.) finden Sie unter www.ekkehard-friebe.de sowie
www.kritik-relativitaetstheorie.de


Verantwortlich für den Inhalt des Blogs:
Luitpold Mayr, Augsburg,   e-mail:  Luitp.mayr[at]t-online.de




Dienstag, 14. Mai 2024

Der Subjektivismus in der Physik

 Das einjährige Kind hat einen Gegenstand neben sich geworfen, so dass er außerhalb seines Gesichtskreises liegt. Naiv glaubt das Kind, der Gegenstand existiere nicht mehr. Ebenso naiv argumentiert der Sensualismus (eine positivistische Erkenntnistheorie des späten 19. Jahrhunderts), wenn er unsere Sinneseindrücke für die einzige Erkenntnisquelle hält. Der Physiker und Erkenntnistheoretiker Ernst Mach (1838 - 1916) prägte den Leitsatz: "Die Beobachtung ist unsere einzige Wirklichkeit". Wie Karl Popper Jahrzehnte später zutreffend sagte, hat der Einbruch des Subjektivismus in die Physik schon vor Einstein begonnen. Ernst Mach war für den jungen Albert Einstein dessen philosophisches Vorbild. Mach forderte die Abschaffung der absoluten Zeit in der Physik, weil sie eine metaphysische Idee sei. Das Ergebnis war Einsteins Relativitätstheorie von 1905. Danach sind Zeit und Gleichzeitigkeit relativ, weil unterschiedlich bewegte Beobachter von einer Uhr unterschiedliche Zeiten ablesen. Ursache dafür sind unterschiedliche Lichtlaufzeiten, wie Einstein in seinem Text ausführlich beschreibt. Er definiert Zeit und Gleichzeitigkeit aus subjektiver Sicht der Beobachter, sodass jeder Beobachter seine eigene Zeit hat.  

Zwanzig Jahre später hatte Einstein den Sensualismus hinter sich gelassen und dachte realistischer. Er wusste nun, dass der Mond auch dann scheint, wenn wir ihn nicht beobachten. Aus diesem Grund gab es für ihn nur zwei Möglichkeiten in dem  berühmt gewordenen Gedankenexperiment von Ernst Schrödinger: Die Katze ist entweder tot oder lebendig. Doch die jungen Quantentheoretiker um Werner Heisenberg und Niels Bohr entschieden sich für eine subjektivistische Wirklichkeit. Solange wir nicht in die Kiste hineinsehen können, ist die Katze nicht tot und nicht lebendig, sondern in einem Zwischenzustand. 

Einstein: "Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, dass man in eine physikalische Theorie nur beobachtbare Größen aufnehmen kann."

 Heisenberg: "Ich dachte, dass gerade Sie diesen Gedanken zur Grundlage Ihrer Relativitätstheorie gemacht hätten? Sie hatten doch betont, dass man nicht von absoluter Zeit reden dürfe, da man diese absolute Zeit nicht beobachten kann. ..."

 Einstein: "Vielleicht habe ich diese Art von Philosophie benützt, aber sie ist trotzdem Unsinn. ..." 

(Aus den Aufzeichnungen von Werner Heisenberg, wonach das Gespräch jedoch weitaus ausführlicher und komplizierter verlief als hier beschrieben)

Letztlich ging es um die philosophische Frage, ob unser Wissen mehr umfasst als die bloßen Beobachtungen. In der Debatte mit den Quantentheoretikern ging es aber auch darum, ob in der physikalischen Welt alles kausal determiniert ist oder durch statistische Wahrscheinlichkeiten bestimmt wird. (Einstein: "Gott würfelt nicht.") Darüber zerstritt sich Einstein heillos mit den Quantentheoretikern, und er wurde von der weiteren Entwicklung  der Physik abgehängt. Ironie der Wissenschaftsgeschichte: Einstein selbst hatte mit seiner Relativitätstheorie wesentlich dazu beigetragen, die subjektivistische Betrachtungsweise in der Physik einzuführen.