Freitag, 27. Februar 2015

Die Beweiskraft von Experimenten ist relativ


Die Sache mit den Myonen liefert eines der experimentellen Argumente, warum die Relativitätstheorie als eine der am besten bewiesenen Grundlagentheorien gilt.

Myonen (µ-Mesonen) sind kleine Teilchen, die nach 2,2 millionstel Sekunden zerfallen. Man glaubt, dass sie in den oberen Schichten der Atmosphäre entstehen. Doch sie werden auch nahe der Erdoberfläche beobachtet. Dies gilt als Beweis für die Relativitätstheorie. Infolge ihrer hohen Geschwindigkeit verlaufe die Zeit für die Myonen langsamer, Dadurch betrage ihre "Lebensdauer" mehr als 2,2 millionstel Sekunden, so dass sie bis in die Nähe der Erdoberfläche gelangen könnten.

Doch nur wer die Relativität der Zeit bereits voraussetzt, kann diese Beobachtung  als Bestätigung der Relativitätstheorie werten. Wer nicht an die Relativität der Zeit glaubt, der ist sich sicher, dass es eine andere Erklärung für die Beobachtung geben muss. Die Physik hat allerdings kein Interesse an einer anderen Erklärung, weil sie mit der Relativität der Zeit die einzig richtige Erklärung zu kennen glaubt.

Physikalische Experimente können  unterschiedlich gedeutet werden. Einstein folgerte aus dem Michelson-Morley-Experiment, dass das Licht in unterschiedlich bewegten Systemen stets die selbe Geschwindigkeit c hat - und zwar gleichgültig wo sich die Lichtquelle befindet. Aber man kann aus dem Experiment auch folgern, dass die Lichtgeschwindigkeit durch die Geschwindigkeit der Lichtquelle beeinflusst wird - wenn man jeden Spiegel in dem Michelson-Interferometer als Lichtquelle betrachtet. Nicht dass ich diese Deutung bevorzugen würde, ich will nur auf unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten hinweisen. Michelson und Lorentz haben wiederum andere Folgerungen aus dem Experiment gezogen als Einstein.

Schon vor vielen Jahrzehnten hat Karl Popper gelehrt, dass die Deutung einer Beobachtung von der Theorie abhängt. Im konkreten Fall heißt das: wenn ich die Richtigkeit einer Theorie beweisen will, dann deute ich jede Beobachtung im Sinne dieser Theorie - was folglich gar nichts beweist. Daraus folgt weiter, dass wissenschaftliche Theorien nicht positiv durch Experimente bewiesen werden können. Sie können nur falsifiziert (widerlegt) und durch bessere Theorien ersetzt werden. Wissenschaft besteht im Grunde in der Überwindung von Irrtümern, woraus der wissenschaftliche Fortschritt folgt, sagt Popper..    

Der Physik-Nobelpreisträger Hannes Alfven (1908 - 1995) hat sinngemäß gesagt: Es gibt gute und böse Experimente. Die guten bestätigen die herrschende Theorie und werden sogleich veröffentlicht. Die bösen widerlegen die Theorie und werden verschwiegen. Auf diese Weise wird die Theorie immer wieder bestätigt.

Wenn wir zum Himmel blicken, so finden wir durch die naive Beobachtung bestätigt, dass die Erde der Mittelpunkt ist, um den sich die Sonne und die anderen Sterne drehen. Es hat lange gedauert, bis sich die Erkenntnis durchsetzte, dass es auch anders sein könnte.