Donnerstag, 4. Mai 2017

Schein und Wirklichkeit

(aktualisiert im Mai 2017)

Wenn die relativistische Zeitdilatation nur ein Scheineffekt ist, dann sind Zeitreisen unmöglich und Einsteins Theorie ist hinfällig. Einstein selbst hat nicht erklärt, warum er die Zeitdilatation (im Gegensatz zur Längenkontraktion) für real hält. Eine mögliche Erklärung liegt in der Erkenntnistheorie von Ernst Mach, die in dem Satz gipfelt: Die Beobachtung ist unsere einzige Wirklichkeit. In einem von Werner Heisenberg nach dem Gedächtnis aufgezeichneten Gespräch sagt Einstein im Jahr 1926: "Vielleicht habe ich diese Art von Philosophie benützt, aber sie ist trotzdem Unsinn."

Der heutige Relativismus begründet die Wirklichkeit der Zeitdilatation vor allem mit zwei Argumenten. Erstens sei die Zeitdilatation nicht durch wechselnde Lichtlaufzeiten zwischen Objekt und Beobachter verursacht. Nur in diesem Fall wäre sie ein Scheineffekt. Zweitens beruhen unsere Sinneseindrücke nicht auf Einbildung, sondern sie sind real.

Dagegen ist einzuwenden: Einstein erklärt in § 2 seines Textes von 1905 die Relativität von Zeit und Gleichzeitigkeit anhand der zeitlich unterschiedlichen Wahrnehmungen von bewegten und ruhenden Beobachtern. Die zeitlichen Unterschiede resultieren aus unterschiedlichen Lichtlaufzeiten. In § 3 des Textes kommt das Wort "Beobachter" nicht vor. Einstein verwendet hier ruhende und bewegte Koordinatensysteme. Das Licht auf der y-Achse des bewegten Systems habe "vom ruhenden System aus betrachtet" stets die Geschwindigkeit V¯c² - v² . Eine mathematisch korrekte  Transformation dieses Lichtstrahls in das ruhende Koordinatensystem ergibt aber, dass der schräg von A nach C laufende Lichtstrahl (wenn wir uns auf das bekannte rechtwinklige Dreieck ABC beziehen), die Geschwindigkeit V¯c² + v² hat. Bei der Größe V¯c² - v² handelt es sich um nichts anderes als um die effektive Lichtgeschwindigkeit zwischen Lichtquelle und Beobachter, die aus dem Michelson-Morley -Versuch bekannt ist. Dort ist eine vergleichbare geometrische Situation gegeben. Der Beobachter bewegt sich in dem rechtwinkligen Dreieck von B nach C, sodass die effektive Lichtgeschwindigkeit kleiner als c ist, weil das Lichtsignal beim Beobachter später eintrifft. Wer in Einsteins Text von 1905 die Erläuterungen zu den Gleichungen genau liest, der sieht dass Einstein willkürlich das bewegte Koordinatensystem als Ganzes zur Lichtquelle und das ruhende Koordinatensystem zum Beobachter macht. Siehe dazu den Artikel "Beobachter oder Koordinatensysteme?"

Das relativistische Argument, wonach unsere Sinneseindrücke wirklich sind, ist in diesem Zusammenhang ein Scheinargument. Selbstverständlich sieht ein Beobachter auf der Erde den Mond "wirklich" nur als kleine Scheibe. Aber die außerhalb  unserer Sinnesorgane existierende physikalische Wirklichkeit  besteht doch darin, dass der Mond einen Durchmesser von 3476 km hat.

Doch jenseits aller umstrittenen Fragen über Beobachter, Koordinatensysteme und Sinneseindrücke gilt eine einfache logische Überlegung: Nach dem für die Relativitätstheorie grundlegenden Postulat hat das Licht im bewegten System die Geschwindigkeit c. Wenn dieses Licht aus Sicht des ruhenden Systems - gleich aus welchen Gründen - irgend eine andere Geschwindigkeit als c hat, so weicht dies von der als Wirklichkeit postulierten Größe c ab. Es gibt aber nur eine physikalische Wirklichkeit. Folglich handelt es sich um einen Scheineffekt.


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